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DownloadDer Boom im M&A-Markt ist weiterhin ungebrochen und auch im Jahr 2017 wird in Deutschland wieder mit einer Rekordanzahl an Transaktionen gerechnet. Jede einzelne dieser M&A-Transaktionen konfrontiert die beteiligten Unternehmen, insbesondere die übernommenen Unternehmen, und deren Mitarbeiter mit tiefgreifenden Veränderungen im Hinblick auf die organisatorische, personelle und finanzielle Struktur. Da ist es nicht verwunderlich, dass eine unbedachte Kommunikation während des M&A-Prozesses Unsicherheit hervorrufen, Vertrauen zerstören oder sogar das Gesamtvorhaben gefährden kann. In dem Bewusstsein dieser Sensibilität wird das Thema Kommunikation zwar wahrgenommen, aber doch häufig unterschätzt.
Die Frage, ob, wann und wie kommuniziert wird, wird dann oftmals nicht strukturiert angegangen, sondern spontan, nämlich wenn eine akute Kommunikation erforderlich ist. Selbstverständlich steckt in der Kommunikation das immanente Risiko, dass z. B. das Management anfangs reserviert auf die Überlegungen reagiert, dass in der Belegschaft Unruhe entsteht oder dass der größte Wettbewerber davon erfährt und diese Informationen zu seinem Vorteil nutzt. Doch diese Aspekte dürfen nicht dazu führen, dass nicht kommuniziert wird. Vielmehr ist es geboten, die internen und externen Stakeholder mit einer klugen und aktiven Kommunikation zum richtigen Zeitpunkt auf eine geeignete Weise zu informieren und in den Prozess zu integrieren.
Während eines M&A-Prozesses, der in der Regel vier bis acht Monaten dauert, ändern sich die Erfordernisse an die richtige Kommunikation permanent. In den unterschiedlichen Prozessphasen, von der Entscheidungsfindung und der Vorbereitungsphase über die Marktansprache und Due Diligence bis hin zur Verhandlungsphase, ist die Kommunikation immer vom Spannungsfeld zwischen Transaktionsvertraulichkeit und -sicherheit, rechtlichen Vorgaben und dem berechtigten Informationsbedürfnis der Stakeholder geprägt.
Am Anfang liegt der unbedingte Fokus auf Vertraulichkeit und Verschwiegenheit. Bei den Vorüberlegungen und Abwägungen möglicher strategischer Optionen sollten die Anteilseigner eines Unternehmens, die einen Verkauf erwägen, neben einem vertrauensvollen M&A-Berater maximal das Top-Management in ihre Gedankenspiele involvieren (Näheres zu den sich wandelnden Interessen des Managements im Laufe eines Verkaufsprozesses findet sich im „Offen gesprochen“-Beitrag vom März 2016). In dieser Phase ist die Anzahl der eingeweihten Personen so klein wie möglich zu halten, um jedwedes Durchsickern auch dieser Grundüberlegung zu verhindern.
Ist dann die Entscheidung für einen Verkaufsprozess gefallen und wird mit dem M&A-Berater ein Projekt aufgesetzt, beginnt schon die Phase der internen Kommunikation, da ab diesem Zeitpunkt weitere Personen aus dem Unternehmen sukzessive eingebunden werden müssen. Das Kernprojektteam, auf das die Information in dieser Phase begrenzt sein sollte, besteht regelmäßig aus den Geschäftsführern, einem Projektleiter, leitenden Mitarbeitern aus den operativen und kaufmännischen Abteilungen sowie ggf. weiteren Personen. Mit einer offenen und vertrauensvollen Kommunikation über die Projektziele und die Gründe für den Verkauf sollte das Kernprojektteam für das gemeinsame Projektziel gewonnen und umfassend informiert, gleichzeitig aber auch auf die hohe Vertraulichkeit hingewiesen und zu absoluter Verschwiegenheit verpflichtet werden. Um ausgewählte Projektmitarbeiter für den zusätzlichen Aufwand und Einsatz, den so ein Projekt erfordert, zu kompensieren, ist es ratsam, über ein zusätzliches, monetäres Incentive im Erfolgsfall nachzudenken.
In der Regel lässt sich die Vertraulichkeit bis zum Abschluss der Vorbereitungsphase, die u.a. die Aufbereitung des Business Plans, die Erstellung des Verkaufsmemorandums und die Vorbereitung der Due Diligence beinhaltet, gut wahren. Mit Ansprache der potentiellen Investoren in der nächsten Phase des Prozesses wird der Kreis der informierten Parteien und Personen schlagartig größer. Trotz unterzeichneten Vertraulichkeitserklärungen und personalisierten Verkaufsdokumenten kann in der Praxis nicht immer ausgeschlossen werden, dass Informationen über den Prozess durchsickern. So muss sich nur vergegenwärtigt werden, dass für jeden angesprochenen Bieter meist separate Wirtschaftsprüfer, finanzierende Banken und sonstige Berater involviert werden. Zudem suchen zahlreiche Medien und Informationsplattformen, wie Mergermarket, aktiv nach exklusiven Transaktionsgerüchten und -informationen. Da diese Informationswege nicht zu beeinflussen sind und der Verkaufsprozess durch die Investorenansprache hinreichend konkret wird, muss spätestens zu diesem Zeitpunkt eine Strategie für die Krisenkommunikation erarbeitet worden sein.
In jeder Phase werden schrittweise weitere Personen und Parteien involviert, so dass das Risiko des Durchsickerns von Gerüchten oder Informationen ebenfalls steigt. Mit einem Leitfaden zur Krisenkommunikation können Krisenszenarien antizipiert werden und das Unternehmen kann sich auf mögliche interne oder externe Anfragen zum laufenden Verkaufsprozess vorbereiten.
Bei einer internen oder externen Eskalation sind zwei Aspekte für den richtigen Umgang entscheidend: eine einheitliche Sprachregelung und eine schnelle Reaktion. Dafür hat es sich bewährt, ein aus dem Eigentümer, dem Geschäftsführer sowie gegebenenfalls dem Leiter der Unternehmenskommunikation, dem M&A-Berater und dem Anwalt bestehendes Krisenkommunikationsteam zu bilden, bei dem alle Anfragen zentral zusammengeführt und umgehend beantwortet werden können. Sofern die Planung und Durchführung weiterer Maßnahmen, wie z. B. Kommunikations- und Pressekampagnen, für die Kommunikation erforderlich ist, kann die Hinzuziehung einer spezialisierten Kommunikationsagentur mit direktem Zugang zu den Medien sinnvoll sein.
Zwischen Due Diligence, Verhandlungsphase und Signing treten die rechtlichen Vorgaben und das Informationsbedürfnis der Stakeholder einer „Private M&A“-Transaktion schrittweise in den Vordergrund und müssen stärker bei der Abwägung mit der Transaktionsvertraulichkeit berücksichtigt werden. Im Hinblick auf die interne Kommunikation besteht ab einer hinreichenden Transaktionswahrscheinlichkeit die rechtliche Verpflichtung zur Kommunikation mit dem Wirtschaftsausschuss bzw. Betriebsrat. Dieser hat – unabhängig von der Transaktionsstruktur – ein umfassendes Informations- und Beratungsrecht. Diese Information hat rechtzeitig vor dem Signing zu erfolgen, damit noch eine Möglichkeit zur Beratung besteht. Über den genauen Zeitpunkt ist prozessindividuell gemeinsam mit dem rechtlichen Berater der Transaktion zu entscheiden.
Die Information des Betriebsrats ist eine sensible Angelegenheit, da sich einerseits der Kreis der involvierten Personen vergrößert und andererseits die Interessen des Betriebsrats, speziell im Hinblick auf Arbeitsplatzsicherung und sonstige Mitarbeitergarantien, teilweise gegensätzlich zu den Transaktionszielen und Motiven des Erwerbers sind. Daher steht hier der Aufbau einer schlüssigen Argumentation gemeinsam mit dem Erwerber als besondere Kommunikationsanforderung im Vordergrund. Insbesondere bei einer sehr vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat kann es aber aus taktischen Gründen auch geboten sein, diesen frühzeitig und sukzessive zu informieren, um ihn „mitzunehmen“ und seine Unterstützung für den Verkaufsprozess zu gewinnen. Dies ist im Rahmen der Kommunikationsstrategie individuell zu würdigen und festzulegen.
Das berechtigte Bedürfnis der Belegschaft an einer umfassenden und frühzeitigen Information mit schwer zu antizipierenden Konsequenzen bis hin zu Arbeitskampfmaßnahmen tritt in Abwägung mit der Transaktionssicherheit zunächst zurück. Durch einen verantwortungsvollen Umgang mit den Mitarbeiterbelangen sowie eine intensive Einbindung des Betriebsrats können die Bedürfnisse der Mitarbeiter jedoch angemessen berücksichtigt werden.
Extern wird die Transaktion grundsätzlich erst nach Signing der Transaktion kommuniziert. Bei der Vorbereitung der Due Diligence ist aber zu analysieren, ob Hauptkunden und -Lieferanten sowie Finanzierungspartner ggf. vorab zu informieren sind oder ob sogar deren Zustimmung zur Transaktion einzuholen ist, weil sie z. B. ein Change-of-Control-Recht besitzen. In den Vertragsverhandlungen stellt der Aspekt, ob die Zustimmung einzelner Dritter Voraussetzung für das Signing oder Closing ist, eine nicht zu unterschätzende Komponente dar. Danach richtet sich schließlich im Konkreten die Kommunikation, wobei auch hier der Grundsatz gilt, mittelbare Parteien nicht zu früh zum Zünglein an der Waage im Hinblick auf den Prozessausgang werden zu lassen.
Mit Signing und damit Transaktionssicherheit wird der Schwerpunkt sofort auf aktive und offensive Kommunikation verschoben. Damit die interne und externe Kommunikation unmittelbar stattfinden kann, sollte sie rechtzeitig vor Signing vorbereitet werden. Da die Phase um das Signing herum extrem arbeitsintensiv ist, wird der Kommunikation auf Seiten des Verkäufers häufig wenig Beachtung geschenkt. Jedoch sollte der Verkäufer die Transaktionskommunikation nicht dem neuen Eigentümer überlassen, sondern auf eine gemeinsame, abgestimmte Kommunikation hinwirken. Die erste Information nach Signing sollte per E-Mail an alle Mitarbeiter erfolgen, damit die Stakeholder, die am meisten von einem Verkauf betroffen sind, es direkt und unmittelbar erfahren. Erst im (unmittelbaren) Anschluss sollte die offizielle Pressemitteilung herausgegeben werden. Für die Information der Belegschaft bietet sich darüber hinaus eine kurzfristig einberufene Betriebsversammlung als geeignete Plattform an, um noch einmal persönlich den Käufer, das Zukunftskonzept sowie die Auswirkungen der Transaktion auf die Mitarbeiter vorzustellen und sich den Fragen der Belegschaft zu stellen. Externe Stakeholder sind unmittelbar mit einem gemeinsamen Schreiben zu informieren, sofern sie nicht als Hauptkunden und -Lieferanten bereits persönlich informiert worden sind. Mit einer gemeinsamen, positiven ersten Kommunikation an die Mitarbeiter und die externen Stakeholder wird die Grundlage für die erfolgreiche Übernahme des Unternehmens durch den neuen Eigentümer gelegt, was selbstverständlich auch im Interesse des Verkäufers ist.
Keine Kommunikation ist also auch keine Lösung. Auch wenn das Interesse eines Unternehmers verständlich ist, im Rahmen des M&A-Prozesses am liebsten gar nicht zu kommunizieren, ist eine aktiv geplante und gut gesteuerte Kommunikation wichtiger Bestandteil jeder erfolgreichen M&A-Transaktion. Es geht nicht darum, per se so viele Beteiligte wie möglich auszugrenzen, sondern die Transaktion in Ruhe, überlegt und strukturiert mit den notwendigen Experten intern und extern vorzubereiten und durchzuführen. Wichtig dabei ist eine straffe und strukturierte Prozessführung, um die Phase der Kommunikationsnotwendigkeit so kurz wie möglich zu halten und wenig Raum für Spekulationen und Gerüchte zu bieten.
Nicolas Parey
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