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Download„Wir haben exzellente internationale Verbindungen zu Investoren.“ „Wir können über unser Netzwerk überall auf der Welt Investoren persönlich ansprechen.“ „Unser Zugang zu Family Offices ist überragend.“ „In dieser Branche kennen wir jeden Entscheider persönlich.“ „Ohne intensiven Wettbewerb und breite Investorenansprache kann kein optimaler Preis erzielt werden.“ - Diese Sätze sind nur einige Floskeln, die gerne und häufig genutzt werden, um die eigenen Vorteile im Rahmen des sogenannten Beauty Contests herauszuarbeiten. Doch was ist wirklich wichtig bei der Auswahl eines M&A-Beraters? Gibt es objektive Kriterien, die beachtet werden sollten?
Grundsätzlich kann jede der oben getroffenen Aussagen für die Auswahl des M&A- Beraters relevant sein. Allerdings ist es wichtig, zwischen den unterschiedlichen Entscheidungssituationen zu differenzieren. Bin ich ein Finanzinvestor und damit ein Verkäufer, der permanent Unternehmen veräußert und diese auf den anstehenden Verkauf vorbereitet oder bin ich ein Unternehmer, der seine Nachfolge regeln möchte? Möchte ich ein hochprofitables Unternehmen in einer Wachstumsbranche oder ein normal profitables oder gar defizitäres Unternehmen in einer eher problematischen Branche veräußern? Ist eine internationale Vermarktung oder gar eine breite Ansprache von vielen potentiellen Investoren wirklich sinnvoll und notwendig? Die Antworten auf diese Fragen sind essentiell für die Auswahl eines geeigneten M&A-Beraters und letztlich auch für die richtige Prozessgestaltung. Doch der Reihe nach:
Bin ich ein Verkäufer, der permanent Unternehmen auf den anstehenden Verkauf vorbereitet oder bin ich ein Unternehmer, der seine Nachfolge regeln möchte?
Finanzinvestoren haben in aller Regel ein dominierendes Ziel: Sie versuchen, den optimalen Preis zu erzielen. Sie bereiten ihre Beteiligungsunternehmen vom ersten Tag an darauf vor, nach einer gewissen Zeit veräußert zu werden. Das bedeutet so gut wie immer eine erhebliche Professionalisierung des Reportings, ein Management, das incentiviert ist, einen möglichst hohen Verkaufserlös zu erzielen, und vor allem auch eine strikte Dokumentationspflicht gegenüber den Investoren der entsprechenden Fonds. Aufgrund dieser Parameter entscheiden sich Finanzinvestoren häufig für eine breite internationale Auktion.
Doch warum ist das so? Zum einen wird somit sichergestellt, dass man sich später vor den Fondsinvestoren nicht dafür rechtfertigen muss, warum gewisse potentielle Investoren nicht angesprochen wurden. Zum anderen sind die Unternehmen im Hinblick auf Manpower, Reporting und Dokumentation so aufgestellt, dass mehrere parallele Bieter im Verkaufsprozess gemanagt werden können. Dementsprechend wird die Wahl oft auf einen Berater fallen, der sich auf breite Auktionen in einem internationalen Netzwerk fokussiert hat.
Privaten Veräußerern bzw. Unternehmern, die eine Nachfolgeregelung anstreben, sind häufig andere Punkte wichtig: Sie wollen auf jeden Fall die Vertraulichkeit wahren, streben häufig eine Standortsicherung an beziehungsweise möchten an bestimmte Strategen verkaufen – oder dies gerade nicht tun – oder sie möchten zunächst nur einen Minderheitsanteil abgeben. Man könnte diese Liste beliebig verlängern. Hinzu kommt häufig die Situation, dass das Reporting im Unternehmen auf den jeweiligen Eigentümer abgestimmt ist. Die Strukturen sind meist auf die private Situation des Unternehmers abgestimmt und oftmals steuerlich getrieben. All diese Parameter führen dazu, dass es nicht den einen optimalen M&A-Prozess gibt. Vielmehr muss der Prozess der Entscheidungssituation und den Zielen des Unternehmers angepasst werden. Noch komplexer wird die Entscheidungssituation, wenn es mehrere Gesellschafter – gegebenenfalls sogar mit unterschiedlichen Zielvorstellungen – gibt. Hier ist eine Moderation zwischen den Gesellschaftern im Vorfeld und im Prozess essentiell für den Erfolg der Transaktion. Breite Marktansprachen oder gar eine internationale Vermarktung sind häufig gar nicht notwendig, oder – im Gegenteil – sogar kontraproduktiv. Dementsprechend wird die Wahl auf einen Berater fallen, der sich auf Nachfolgesituationen spezialisiert hat, den Prozess individuell strukturiert und in der Lage ist, möglichst vollständige Vertraulichkeit über den gesamten Prozess hinweg zu gewährleisten.
Große familiengeführte Unternehmen bzw. börsennotierte Publikumsgesellschaften haben etwas von beiden Investorengruppen. Das Reporting und die Dokumentation von Tochterunternehmen oder einzelnen Geschäftsbereichen sind hier im Regelfall vergleichbar gut, wie bei Beteiligungsunternehmen von Finanzinvestoren. Auf der anderen Seite ist die Entscheidungssituation der Gesellschafter meist deutlich komplexer und bei den zu veräußernden Einheiten handelt es sich nicht selten um Randbereiche, die wenig profitabel sind. Häufig ist ein sogenannter Carve-Out notwendig, da die Geschäftsbereiche nicht in eigenständigen rechtlichen Einheiten organisiert sind bzw. einen Teil ihrer Dienstleistungen aus der Konzernholding erhalten. Auch hier ist es wichtig, den Prozess sorgfältig vorzubereiten. Standort- bzw. Arbeitsplatzgarantien und ähnliche Faktoren können massiven Einfluss auf die Transaktionsstruktur haben. Das Gleiche gilt für spätere Lieferantenbeziehungen zwischen Verkäufer und Käufer. Hier sollte sichergestellt werden, dass der M&A-Berater entsprechende Strukturierungskompetenz mitbringt. Die Koordination einer Vielzahl involvierter Parteien und Entscheidungsträger kann für diese Unternehmen eine große Herausforderung sein. Auch hier ist der M&A-Berater häufig als interner Moderator gefragt.
Habe ich ein hochprofitables Unternehmen in einer Wachstumsbranche oder ein normal profitables oder gar defizitäres Unternehmen in einer eher problematischen Branche?
Für profitable Unternehmen in einer Wachstumsbranche mit z.B. EUR 200 Mio. Umsatz, 20% EBITDA-Marge und 10% organischem Wachstum p.a. ist es nicht schwer, einen Finanzinvestor zu finden. Fast immer kommt zudem noch ein hohes Interesse strategischer Investoren hinzu. Solche Unternehmen sind für eine breite Auktion sehr gut geeignet. Es gibt zwar auch hier, insbesondere für private Veräußerer, gute Gründe für ein limitiertes Auktionsverfahren oder gar die ausschließliche Fokussierung auf strategische Investoren, aber eine breite Vermarktung kann auf jeden Fall durchgeführt werden.
Bei weniger profitablen Unternehmen oder gar defizitären Unternehmen in Branchen, die einem großen technologischen Wandel unterliegen oder aus anderen Gründen im Umbruch sind, wie das beispielsweise aktuell in der Automobilbranche der Fall ist, besteht häufig die Herausforderung darin, überhaupt einen Investor zu finden. Hier müssen die Prozesse andersartig strukturiert werden. Potentielle Transaktionen sind von Synergien bzw. einer hohen strategischen Logik abhängig. Es ist wichtig, dass Unternehmen nicht im Markt zu „verbrennen“, um anschließend festzustellen, dass es gar keinen Käufer gibt. Hier ist es essentiell, im Vorwege darauf hinzuweisen, welche Herausforderungen im Prozess entstehen können.
Insbesondere bei erklärungsbedürftigen bzw. komplexen Geschäftsmodellen kann es zudem wichtig sein, dass der M&A-Berater Branchenexpertise mitbringt. Dies erleichtert die „mundgerechte“ Aufbereitung und somit Vorbereitung des Verkaufsprozesses, gewährleistet aber auch einen guten und schnellen Zugang zu Entscheidungsträgern, insbesondere bei strategischen Investoren.
Ist eine internationale Vermarktung oder gar die breite Ansprache einer Vielzahl potentieller Investoren notwendig?
Wie oben bereits erläutert, hängt die Antwort auf diese Frage auch davon ab, welcher Veräußererkategorie ich angehöre. Unabhängig davon hat auch die Unternehmensgröße einen erheblichen Einfluss. Schaut man sich historische Transaktionen an, gibt es einen signifikanten Zusammenhang zwischen Transaktionsgröße und Internationalität. Je kleiner die Transaktionen werden, desto häufiger kommt der Investor aus demselben Land wie der Verkäufer. Auch hinsichtlich der Breite der Ansprache hat die Transaktionsgröße einen erheblichen Einfluss. Kleine Transaktionen, insbesondere Unternehmen unterhalb von EUR 2 Mio. EBIT und EUR 10 Mio. Umsatz, sind in systematischen Prozessen schwer zu vermarkten. Für viele Finanzinvestoren ist diese Unternehmensgröße das untere Ende für sogenannte Primary-Transaktionen, also Transaktionen die nicht von einem anderen Finanzinvestor erworben werden. Unternehmen in dieser Größenordnung kommen im Regelfall nur als sogenannte Add-on-Akquisitionen für Portfoliounternehmen in Frage. Auch hier gibt es M&A-Berater, die sich auf solche Prozesse spezialisiert haben. Dabei erfolgt häufig eine sehr breite Marktansprache über Plattformen.
Doch was heißt das für die Auswahl des M&A-Beraters? Zunächst sollte man sich über die eigenen Ziele und den eigenen Beratungsbedarf im Klaren sein. Denn der Mehrwert eines M&A-Beraters wird vielen Kunden erst im Nachgang einer Transaktion bewusst. Insbesondere bei mittelständischen Unternehmern wird die Komplexität und Dynamik eines M&A-Prozesses häufig völlig unterschätzt und die Aufgabe des Beraters ausschließlich in der Optimierung des Preises gesehen. Dabei wird gerne unterstellt, dass eine Optimierung des Preises unter anderem durch gute persönliche Beziehungen oder den oftmals strapazierten guten Investorenzugang zustande kommt. Beide Aspekte sind sicherlich hilfreich. Allerdings ist es vermessen, zu glauben, dass Investoren deutlich bessere Preise zahlen, nur weil man sie gut kennt. Vielmehr ist es so, dass ein optimal gesteuerter Prozess unter Berücksichtigung aller Ziele und Rahmenbedingungen nicht nur zu einer Optimierung des Preises beiträgt, sondern im Regelfall eine Transaktion überhaupt erst möglich macht. Deshalb sind die Kriterien bei der Auswahl des passenden Beraters eng an die eigenen Ziele geknüpft. Man sollte also den Berater wählen, der objektiv am besten dabei helfen kann, die eigenen Ziele zu erreichen. Dies muss weder der Berater sein, der die höchste Unternehmensbewertung aufruft, noch der Berater, der den besten Investorenzugang verspricht oder gar der Berater, der den passenden Verkäufer eigentlich schon zu kennen glaubt.
Ken Kinscher
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Dr. Roman Rocke
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