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DownloadDer Unternehmensverkauf im Rahmen eines M&A-Prozesses wird in der Literatur umfassend beschrieben. In der Theorie und in der Praxis der M&A-Berater besteht zudem weitgehendes Einvernehmen, dass das Auktionsverfahren hierfür die bevorzugte Vorgehensweise ist. Viele Gesellschafter von Familienunternehmen sind aber keineswegs überzeugt, dass die Auktion auch für sie die geeignete Vorgehensweise ist. Zweifeln diese Unternehmer zu Recht an dem Verfahren oder verfügen sie nur nicht über die erforderliche Erfahrung, um die Allgemeingültigkeit dieser Methode für alle Verkaufsverfahren zu erkennen?
Noch immer entscheiden sich nur wenige Teilhaber von Familiengesellschaften, ihr Unternehmen zu veräußern. Hintergrund ist häufig u.a., dass die unveränderte Niedrigzinsphase die Wiederanlage von Kaufpreiszuflüssen zur großen Herausforderung werden lässt. Allerdings sind die erzielbaren Preise zur Zeit sehr hoch. Ob das so bleibt, ist aufgrund der derzeitigen Konjunkturaussichten keinesfalls sicher. Diese Erkenntnis führt derzeit häufiger zu einer erneuten Auseinandersetzung von Unternehmern mit dem Thema Unternehmensverkauf.
Viel wichtiger als der erzielbare Preis ist aber regelmäßig die Erkenntnis, dass die eigenen Kinder nicht gewillt sind oder nicht geeignet scheinen, das Familienunternehmen fortzuführen. Damit wäre zur Fortführung des Unternehmens in Familienhand bei einem Generationenwechsel ein Fremdmanagement und damit eine wesentliche Veränderung der Unternehmenskultur, ggf. auch der Unternehmensstruktur, sowie der Corporate Governance erforderlich. Für einen Teil der Unternehmen ist dies sicher ein geeigneter Weg. Viele andere sehen darin aber ein erhebliches Risiko, dass es zu internen Konflikten, ungewollten Abhängigkeiten und einer Minderung des Unternehmenswertes kommt. Gerade in solchen Fällen stellt der Unternehmensverkauf für Unternehmer und deren Familien eine echte Alternative zum Fremdmanagement dar. Um die Sinnhaftigkeit eines solchen zu prüfen, ist die Einbindung eines erfahrenen M&A-Beraters zur aktiven Gestaltung eines Verkaufsprozesses sinnvoll.
Nun stellt sich aber die Frage, wie dieser Berater die Transaktion unterstützt. In der Theorie und unter M&A-Beratern ist weithin unbestritten, dass die Auktion die richtige Vorgehensweise für den Unternehmensverkauf ist. Das bedeutet, dass ein erstelltes, das Unternehmen beschreibendes Verkaufsmemorandum im Rahmen eines festgelegten Prozesses an möglichst viele Investoren versendet wird. Viele Berater sehen es sogar als ihre zentrale Kompetenz, eine möglichst umfassende Liste von potentiellen Investoren vorlegen zu können. Das Auktionsverfahren geht davon aus, dass die Wahrscheinlichkeit, den „richtigen“ Investor zu finden, in dem Maße steigt, wie potentielle Investoren von der Investitionsmöglichkeit erfahren.
Die Logik der breiten Ansprache ist natürlich nicht völlig von der Hand zu weisen. Insbesondere in der derzeitigen Situation, in der strategische Investoren aus der ganzen Welt an deutschen Targets interessiert sind, wäre es möglich, dass letztlich Investoren das Unternehmen erwerben, die nicht zu den „logischen“ Investoren gehören. Eine frühzeitige direkte Ansprache möglichst vieler Investoren könnte entsprechend besser sein, als ein langes Desk Research. Umgekehrt muss in der Praxis aber festgestellt werden, dass der reiche asiatische Käufer, der aus Naivität oder überragendem strategischen Interesse exorbitante Kaufpreise zahlt, eine seltene Ausnahme darstellt. Das gilt insbesondere für Auktionsprozesse. Die großen Akquisitionen asiatischer Unternehmen im deutschen Markt sind regelmäßig aus langjährigen bilateralen Geschäftsbeziehungen und Verhandlungen und gerade nicht aus Auktionen entstanden.
Der kleinen Chance, den „überraschenden Superinvestor“ zu finden, stehen insbesondere bei Familienunternehmen eine Vielzahl von Risiken gegenüber. Vertraulichkeit ist mit der zunehmenden Anzahl von angesprochenen Investoren immer schwerer zu gewährleisten. Und gerade dieser Aspekt steht für viele Unternehmer ganz oben auf der Liste der Nebenbedingungen für einen Verkaufsprozess, denn gerade in Familienunternehmen ist die frühzeitige Information von Mitarbeitern oder Kunden über die Verkaufsabsicht fast immer problematisch. Sie führt bei Mitarbeitern und Kunden zu einer Verunsicherung oder Neuorientierung. Zudem kann ein informierter Betriebsrat auch Forderungen stellen, die den Unternehmenswert erheblich belasten.
Ein weiteres Risiko der breiten Ansprache ist, dass sich möglicherweise gut geeignete Investoren nicht an einem solchen Bieterwettbewerb beteiligen. Die breite Ansprache verschreckt im derzeitigen Wettbewerbsumfeld zunehmend sowohl Strategen als auch Finanzinvestoren. Diese sind häufig nicht mehr bereit, hohe Kosten für eine Prozessbeteiligung bei einer vergleichsweise geringen Akquisitionschance in Kauf zu nehmen. Außerdem ergeben sich in so gestalteten Prozessen häufig in der ersten Phase breite Bieterfelder, da Investoren zunehmend indikative Angebote abgeben, ohne sich das Informationsmemorandum wirklich angesehen zu haben.
Nach der Versendung der Informationsmemoranden und dem Eingang indikativer Angebote sieht der klassische M&A-Prozess die Eröffnung des Datenraums für die ausgewählten Bieter und eine Managementpräsentation vor. Auf Basis von Due Diligence und Präsentation sind die Bieter aufgefordert, ein verbindliches Angebot abzugeben. Diese Schritte sollen mit möglichst vielen Bietern parallel erfolgen. Eine frühzeitige Exklusivität soll vermieden werden, da diese die Wettbewerbssituation zerstört und damit die Verhandlungsposition des Verkäufers schwächt.
Voraussetzungen für ein solches Vorgehen sind erstens ausreichende personelle Kapazitäten beim Verkäufer, um die aufkommenden Fragen mehrerer Bieter kompetent und zeitnah zu beantworten und zweitens die Bereitschaft der Investoren, die hohen Kosten einer Due Diligence im Bieterwettbewerb auf sich zu nehmen. Soweit beide Voraussetzungen erfüllt sind und gleichzeitig die erforderliche Vertraulichkeit sichergestellt werden kann, ist das dargestellte Standardvorgehen ideal. Besteht dann noch die Möglichkeit und die Bereitschaft der Verkäufer zur Durchführung einer sogenannten Vendor Due Diligence, ist das Feld für einen weitgehend parallelen Due-Diligence-Prozess bestellt.
Leider sind diese Voraussetzungen bei Familienunternehmen nur sehr selten gegeben. Zum einen ist die Anzahl der in den Verkaufsprozess eingeweihten Mitarbeiter regelmäßig äußerst begrenzt, sodass bereits die Erstellung eines Datenraums unter Einhaltung der erforderlichen Vertraulichkeit für das Unternehmen sehr belastend ist. Gleiches gilt natürlich für die Durchführung einer Vendor Due Diligence. Zum anderen sind viele Familienunternehmer nicht bereit, die Kosten für eine solche frühe Prüfung auf sich zu nehmen. Die parallele Beantwortung von Fragen mehrerer Bieter – mit oder ohne Vendor Due Diligence – überfordert dann die betroffenen Personen nicht selten vollständig. Soweit die Eigentümer dann auch noch in den operativen Betrieb, meistens den Vertrieb, eingebunden sind, kann die Belastung der Eigentümer und der eingeweihten Mitarbeiter durch den Verkaufsprozess zu einer negativen Geschäftsentwicklung führen. Dabei ist die Limitation der Due Diligence heute kaum noch eine realistische Alternative. Der Umfang der Prüfung ist nicht nur aufgrund der immer umfassenderen Anforderungen finanzierender Banken, sondern auch durch Regularien der Investoren und die Kreativität der begleitenden Berater in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Über die Sinnhaftigkeit dieser Ausweitung lässt sich sicher streiten, entziehen kann man sich dieser Entwicklung aber nicht.
Wir raten deshalb regelmäßig dazu, nach intensiver Diskussion mit dem Familienunternehmer die Marktansprache so fokussiert wie möglich vorzunehmen und damit automatisch auch die Anzahl der Bieter während der Due Diligence zu limitieren. Bei einer solchen limitierten Auktion werden möglichst wenige, im Vorfeld umfassend analysierte, Investoren angesprochen. Als Richtwerte kann hier eine Bandbreite von 5 bis 15 Investoren genannt werden.
Die Vorbereitung des Verkaufsprozesses erfolgt bei der limitierten Auktion grundsätzlich ebenso wie bei der klassischen Auktion, d.h. es wird neben dem Transaktionskonzept und dem Teaser ein Verkaufsmemorandum erstellt. Allerdings kann es sich als sinnvoll erweisen, aufgrund des spezifischen Bieterfeldes auf einzelne Kapitel eines klassischen Verkaufsmemorandums zu verzichten. Dieses könnte z.B. die Beschreibung des Marktes oder des Produktes sein, soweit diese den ausgewählten Bietern sowieso bekannt sind. Insgesamt wird sich der Aufwand für die Projektvorbereitung gegenüber der Auktion wesentlich reduzieren lassen.
Für den Übergang von der erstellten Liste möglicher Investoren (Longlist) zur Liste der anzusprechenden Investoren (Shortlist) wird bei der limitierten Auktion nicht die Frage beantwortet, warum man einen Investor ausschließen sollte, sondern warum man einen Investor einbeziehen sollte. Zu den positiven Kriterien zählt z.B. das Wissen, dass der Investor an einem Erwerb der Gesellschaft interessiert sein wird, der Bieter die sonstigen Verkaufsziele der Familiengesellschafter erfüllt oder aber die Akquisitionslogik dem Investor gut vermittelt werden kann. Außerdem sollten verschiedene Investorengruppen, z.B. Konkurrenten, Lieferanten, „Synergiepartner“ oder auch Finanzinvestoren Berücksichtigung finden. Zu den negativen Kriterien bei der Auswahl gehören die Risiken für die eigene Wettbewerbssituation oder für die Vertraulichkeit.
Nach der Investorenansprache, welche regelmäßig sehr persönlich erfolgen sollte, kann der weitere Prozess sehr flexibel gestaltet werden. Häufig wird man die Management-Präsentation vorziehen und zunächst auf indikative Angebote verzichten. Denkbar ist, dass die ausgewählten Bieter erst nach einer ersten Sichtung des Datenraums ein solches indikatives Angebot abgeben. Der Prozess soll so effizient wie möglich gestaltet werden, ohne die notwendige Aufrechterhaltung des Bieterwettbewerbs zu gefährden.
Diese (reale oder imaginäre) Aufrechterhaltung des Bieterwettbewerbs bildet die zentrale Abgrenzung der limitierten Auktion zur Direktansprache. Insofern würden wir auch die Ansprache von nur zwei Investoren als limitierte Auktion bezeichnen, soweit diese Konkurrenzsituation den Bietern transparent gemacht wird. Umgekehrt sehen wir eine Kontaktierung von einem oder mehreren Investoren als Direktansprache, wenn den Bietern die potentielle Konkurrenzsituation nicht offengelegt oder frühzeitig Exklusivität mit einem Investor vereinbart wird.
Die Vorteile einer Direktansprache bestehen in den gegenüber der limitierten Auktion noch geringeren Vorlaufkosten und der möglichen großen Vertraulichkeit. Im Zweifel kann ein Kaufvertrag vollständig durchverhandelt werden und die klassische Due Diligence durch Garantien oder nachträgliche Prüfungen ersetzt werden. Die Nachteile liegen in der späten Transparenz der tatsächlichen Bieterinteressen und der hohen Abhängigkeit des Familienunternehmers von einem einzelnen Investor. Der fehlende Wettbewerb wird eine Optimierung des Kaufpreises für den Verkäufer kaum möglich machen. Zumindest besteht keine Transparenz für den Verkäufer, wie gut der Angebotspreis tatsächlich ist. Die Direktansprache erscheint nur dann empfehlenswert, wenn der Verkäufer eigene klare Vorstellungen über den erwarteten Kaufpreis hat, zum Bieter ein hohes Vertrauensverhältnis besteht und auch andere Transaktionsziele des Verkäufers durch den Käufer umfassend erfüllt werden können.
Allerdings führt die fehlende Aufbereitung des Unternehmens in Form von Unternehmensmemorandum und Datenraum häufig zu sehr langen Projektlaufzeiten. Eine Frustration der Verkäufer in einer späten Prozessphase, weil der Bieter seine dann starke Verhandlungsposition ausnutzt, wird aber dennoch eher die Regel als die Ausnahme sein. Viele dieser Transaktionen werden dann erfolglos abgebrochen.
Um die Kosten- und Transaktionsrisiken mutmaßlich zu minimieren, entscheiden sich viele Familienunternehmer für einen Prozess des sog. Market Sounding. Das heißt, dass M&A-Berater, die aktiv auf den Familiengesellschafter zugehen, die Aussage erhalten: „Eigentlich wollen wir nicht verkaufen, aber wenn ihr einen Investor findet, der einen hohen Kaufpreis in Aussicht stellt, wären wir für Gespräche offen.“ Diese Information wird dann häufig auch mehreren Beratern gegenüber gegeben. Motivation für eine solche Aussage ist die Hoffnung, dass man einen Überblick über mögliche Investoren und Verkaufspreise erhält, ohne einen Berater zu beauftragen. Dabei geht der Familienunternehmer davon aus, dass die M&A-Berater ihren Pool von Investoren analysieren und dann den einen geeigneten Investor auswählen und ansprechen.
Tatsächlich wird durch eine solche Aussage aber ein ganz anderer Prozess in Gang gesetzt. Der Berater wird die erhaltene Information regelmäßig nutzen, um möglichst viele Investoren über die Transaktionsopportunität zu informieren. Geschieht das durch mehrere Berater, wird die vermeintlich vertrauliche schnell zu einer weit verbreiteten Information, die durch keine Vertraulichkeitsvereinbarungen geschützt und in ihrer Verbreitung limitiert wird. Das Risiko für die Gesellschaft ist erheblich. Die Folgekosten, der es bedarf, um den Informationsfluss wieder in den Griff zu bekommen, werden häufig die gesparten Beraterkosten weit übersteigen. Falls es im Zusammenhang mit dem Market Sounding schließlich wirklich zu einem Verkaufsprozess kommt, werden die Kosten für den M&A-Berater sicher nicht geringer ausfallen, als bei den vorher diskutierten Vorgehensweisen. Das Market Sounding sollte im M&A-Prozess deshalb unbedingt vermieden werden.
Ebenso kritisch ist die exklusive Verhandlung mit Investoren einzuschätzen, die den Familiengesellschafter aktiv aufgrund eigener Analysen auf den Kauf seines Unternehmens ansprechen (Reaktion auf Ansprache). Dieses Vorgehen ist in den letzten Jahren eher die Regel als die Ausnahme. Fast immer haben die Unternehmen vor Beauftragung eines M&A-Beraters schon Interessensbekundungen von Investoren erhalten. Die hohe Anzahl an Investoren, die auf vergleichsweise wenige Targets treffen, erfordert sowohl von Finanzinvestoren als auch von Strategen die aktive Marktbearbeitung.
Bei den Mandatsgesprächen mit bereits kontaktierten Familienunternehmern ergibt sich die Frage, ob exklusive Verhandlungen mit einem solchen Investor geführt werden sollen (Reaktion auf Ansprache). Hierbei empfehlen wir in jedem Fall, sofort einen strukturierten Verkaufsprozess vorzubereiten. Es muss dann im Einzelfall entschieden werden, ob die Verhandlungen mit dem interessierten Investor im Rahmen eines sogenannten „Fast Track“ weiter vor dem Auktionsprozess geführt werden sollen oder der Bieter in den Auktionsprozess einbezogen wird. Ist letzteres der Fall, sollte der Investor auch wie alle anderen Bieter behandelt werden. Die Idee des Familiengesellschafters, einen Abschluss mit diesem Investor im Erfolgsfall anders zu incentivieren als andere Investoren („den haben wir gebracht“), ist nicht empfehlenswert. Denn im Rahmen des M&A-Prozesses wird schnell deutlich werden, dass die Leistung des M&A-Beraters weit über eine „Maklerfunktion“ hinaus geht. Die Beratungsfunktion während des gesamten Transaktionsprozesses bis hin zum Vollzug des Verkaufs ist die zentrale Leistung des M&A-Beraters und sollte entlohnt werden. Dabei müssen Interessenkonflikte zwischen den Familiengesellschaftern und dem ausgewählten Berater, die durch komplexe Mandatsbeziehungen (etwa die unterschiedliche Vergütung des Beraters, je nachdem, welcher Investor letztlich zum Zuge kommt) unbedingt vermieden werden.
Zusammenfassend lässt sich damit feststellen, dass der M&A-Prozess heute bei Weitem nicht mehr so standardisiert betrachtet werden kann, wie es in der Vergangenheit der Fall war. Gerade beim Verkauf von Familienunternehmen ergeben sich eine Vielzahl von zusätzlichen Aspekten, die ein Abweichen von standardisierten Methoden sinnvoll, wenn nicht gar für einen erfolgreichen Prozess notwendig erscheinen lassen. Hierzu gehört insbesondere, im ständigen Austausch mit dem verkaufswilligen Familienunternehmer zu bleiben - und zwar nicht nur im Hinblick auf potentiell am Prozess zu beteiligende Investoren und den Verkaufsprozess im Allgemeinen, sondern vor allem auch mit Blick auf die vom Verkäufer verfolgten Nebenziele der Transaktion und die von ihm gesetzten Prioritäten bei der Transaktion. Nur so kann sichergestellt werden, dass der Transaktionsprozess wirklich im Interesse des Familienunternehmers geführt und abgeschlossen wird.
Dr. Jens Kruse
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Dr. Roman Rocke
Leiter Corporate Finance
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